Ralf Harner: Eiswolken. Moos. Sieben
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Thematik & Diktion sprengen die Balance zwischen Archaismus & Moderne. Die Worte sind stark – hier jammert kein lyrisches Ich, hier demonstriert ein Autor Welt durch Sprache: nicht mehr & nicht weniger dürfen wir vom Poeten erwarten.
KULT
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Im ersten Kapitel (Allegretto) vereint Harner Gedichte über Island, während sich Prolog und Epilog der sibirischen Taiga widmen. Es sind Gedichte, die Reiseeindrücke mit der Geschichte und Mystik Islands verschmelzen, Gedichte, die in mir eine unheimliche Lust erzeugen, diesem nördlichen Inselstaat und seinen Menschen einen Besuch abzustatten. (...)
Ein vielschichtiger und abwechslungsreicher, dennoch überraschend homogener Gedichtband.THE PUNCHLINER
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Zur Gliederung des Buches:
I. – Allegretto – Eiswolken. Sibirische und Isländische Erinnerungen
II. – Moderato (poco allegretto) – Und weint ganz leis um dich. Widmungen
III. – Adagio – Bis Schatten aus den Worten brechen
IV. – Allegro non troppo – Das Vermächtnis des Quetzalcoatl -
Das Bild der Brücke, eines der zentralen Leitmotive in den Gedichten, ist im doppelten Sinne programmatisch zu verstehen: formal in der Verbindung freier Rhythmen mit klassischen Gedichtformen, inhaltlich in der Aufhebung von Unterschieden und (scheinbaren) Gegensätzen, um es »zu verbinden ins Ur-weite, ins Endlose, es in Stein meißeln isländischer Vulkane wie in den Wolken es lesen sibirischer Taiga. Es sind Brücken, über die Menschen gehen (…) – und bestünden sie auch, der Kälte wegen, nur aus Eis.«
E. Zizmann
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Ralf Harner, 1958 in Trier geboren, lebt und arbeitet im Saarland. Erste lyrische Arbeiten seit 1974, ab 1980 folgen Essays, Kurzgeschichten, Erzählungen, Theaterstücke, Monographien und Sachbücher. Derzeitige Arbeitsschwerpunkte sind neben Übersetzungen englisch- und russischsprachiger Lyrik ein Roman. Seit 1984 zahlreiche Gedichtveröffentlichungen, von denen einige ins Englische und Russische übersetzt wurden, in Zeitschriften und Anthologien sowie 9 Buchveröffentlichungen.
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Textprobe:
Giya Kancheli
Bläser schluchzen
in Räume, füllen Leere
aus, behorchtes Nichts.
Du weißt es,
wo immer auch
im Mittelland der Schilfgefilde
vergangner Duft
als Tau
aus unsichtbaren Gräbern steigt,
wo Klangraum
überschreitet alle Grenzen –
alles spricht,
gehört wird.
Stimme bist du
zwischen Welten,
stiller Bote
deines trauerfarbnen Lands –
ach, du weißt es.
Und wenn es schweigt,
des Windes Tränen
im Gesträuch getrocknet,
die See ihr Algengitter
Korallenwäldern hergeschenkt,
bin Mensch ich,
Wanderer,
klingende Stille.